Bei manchen Haus- und Wohnungsbesitzer:innen ist an kalten Tagen die Aussicht getrübt – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Fenster laufen an, Fachleute sprechen von der Bildung von Kondensat. Wir haben uns für den I-blog auf die Spuren dieses Phänomens begeben, von der physikalischen Erklärung bis zum bautechnischen Hintergrund.
WO KANN KONDENSAT AM FENSTER AUFTRETEN?
Kondensat kann bei Fenstern auf der Innenseite im Rahmenfalz, aber auch auf der Außenseite auftreten.
DIE PHYSIKALISCHE ERKLÄRUNG: WASSERDAMPF UND TAUPUNKT
Kondensation ist jedenfalls ganz natürlich. Kondensat ist das Produkt von abkühlender feuchter Luft. Man kann das Phänomen auch als Tau auf herbstlichen Wiesen, als Feuchtigkeit auf kalten Getränkedosen oder einfach in Form von Wolken und Nebel beobachten.
Das Gasgemisch Luft enthält im Normalfall neben Stickstoff, Sauerstoff und Argon auch Wasserdampf. Das gilt insbesondere für Raumluft, denn egal ob wir uns duschen, kochen, Wäsche trocknen oder auch nur atmen, wir sondern Wasserdampf ab. Abhängig von der Temperatur kann die Luft eine bestimmte Menge an H2O-Molekülen aufnehmen. Je höher die Temperatur ist, desto mehr. Die relative Luftfeuchtigkeit gibt als Maßeinheit den prozentualen Anteil an diesem Maximalwert an.
60 Prozent relative Luftfeuchtigkeit bei einer bestimmten Temperatur sind 100 Prozent bei einer anderen (niedrigeren) Temperatur. Wird eine bestimmte Temperatur, der sogenannte Taupunkt[1], unterschritten, gibt die Luft Feuchtigkeit ab. Genau das passiert in der kalten Jahreszeit, wenn die warme Raumluft auf eine kühlere Fensterscheibe bzw. Profile trifft oder in den Rahmenfalz eindringt und an dieser Stelle abkühlt.
[1] www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/was-beschreibt-der-taupunkt/
WARUM KONDENSAT AUCH BEI NEUEN FENSTERN AUFTRETEN KANN
Dass in der kalten Jahreszeit die raumseitige Oberflächentemperatur von Bauteilen sinkt, ist normal. Der vergleichsweise schlechte Dämmwert alter Fenster verstärkt dieses Phänomen, sodass Kondensat hier vor allem bei sehr niedrigen Temperaturen auftritt. Doch auch bei neuen Produkten mit hochdämmendem Isolierglas kann im Fall einer hohen Luftfeuchtigkeit im Raum Kondensat auftreten.
Das liegt daran, dass hochwertige Fenster den ungewollten Luftaustausch zwischen Außen und Innen verhindern. Damit wird die Energieeffizienz des Gebäudes deutlich verbessert, es kann aber der durch unsere Alltagsaktivitäten erzeugte Wasserdampf nicht entweichen. Ohne Lüftung steigt deshalb die Luftfeuchtigkeit im Wohnbereich. Regelmäßiges mechanisches Lüften oder eine kontrollierte zentrale oder dezentrale Wohnraumlüftung sorgen für einen kontrollierten Luftaustausch und reduzierte Luftfeuchtigkeit. Expert:innen empfehlen mehrmals am Tag kurzes Stoß- oder – noch besser – Querlüften. Auch eine direkte Luftabsaugung am Entstehungsort des Wasserdampfes (Bad bzw. Küche) ist sehr effektiv. Worauf es beim Lüften während der kalten Jahreszeit genau ankommt, haben wir hier zusammengefasst.
BAUTECHNISCHE ASPEKTE: VON DER LÜFTUNG BIS ZUR EINBAUEBENE
Kondensat ist per se kein Indiz für schadhafte Fenster, zumal Lüftungssystem, Architektur, Bautechnik und viele weitere Einflussfaktoren ebenfalls eine Rolle spielen können. Einige möchten wir anschneiden, aufgrund der Komplexität des Themas können wir im Rahmen eines Blog-Beitrags keinen Anspruch auf Vollständigkeit erfüllen.
Eine automatische Wohnraumlüftung ersetzt das manuelle Lüften und bringt mehr Komfort. Schlecht eingestellte Anlagen können allerdings einen Überdruck im Gebäude erzeugen, der bewirkt, dass Luft in den Falzraum der Fenster gedrückt wird und dort kondensiert. Ein leichter Überdruck ist auch durch die offene Bauweise moderner Wohngebäude, oft sogar über mehrere Stockwerke hinweg, möglich.
Das wärmetechnische Verhalten der gesamten Fensterkonstruktion spielt ebenfalls eine Rolle und wird durch die Einbauebene des Fensters beeinflusst, wie das Labor für Bauphysik der TU Graz ausführt. Bei monolithischem Wandaufbau (Hochlochziegel, Glasbeton ohne zusätzliche Dämmung) sei die Montage in der Mitte der Leibung vorteilhaft, bei mehrschichtigen Wänden mit einer Dämmschicht sei die Lage des Fensters auf der Dämmebene anzustreben.
Clevere Heizsysteme[2] können ein Mittel gegen Kondensat sein. Ein Heizkörper unmittelbar unter dem Fenster verhindert, dass die Fensterscheibe zu stark abkühlt. Bei raumhohen Elementen haben sich auch Bodenlüfter bewährt.
[2] www.oekotest.de/bauen-wohnen/Kondenswasser-am-Fenster-4-clevere-Tipps-um-nasse-Scheiben-zu-verhindern_13176_1.html
KONDENSAT AUSSEN
Bei sehr niedrigen Außentemperaturen können die Gläser hoch energieeffizienter Fenster außen anlaufen. Das Isolierglas verhindert, dass Wärme aus dem Gebäude abgestrahlt wird. Die Scheibe ist außen kalt und führt dazu, dass die feuchte Außenluft an der Scheibe außen kondensiert. Dieses Phänomen beobachtet man vor allem in Regionen mit hoher Luftfeuchtigkeit, beispielsweise in der Nähe von Wäldern, Auen oder Wasserflächen. Sobald die Sonneneinstrahlung von außen das Glas erwärmt, verdunstet das Kondensat.
WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA KONDENSAT
Man erkennt insgesamt, dass Kondensat ein vielschichtiges Phänomen ist. Nur selten ist das Fenster der (alleinige) Grund für sein Entstehen, viel öfter spielen unterschiedliche bautechnische Faktoren eine Rolle. Ein wichtiges Indiz ist die Lage des Kondensats – außen, innen, zwischen den Scheiben, im Falz- oder Dichtungsbereich oder auch bei Bodenschwellen. Die Frage ist außerdem, ob sich das Kondensat durch einfaches Stoßlüften beseitigen lässt oder hartnäckig ist. Die Ursachenforschung muss jedenfalls im Einzelfall und am besten durch Fachleute erfolgen.
Unser Blogbeitrag soll euch als kurzer Überblick zur Thematik dienen. Für eine tiefergehende Beschäftigung empfehlen wir die folgenden markenunabhängigen Quellen:
https://www.fenster-plattform.at/fensterratgeber/ (Merkblatt Kondenswasserbildung)
https://www.umweltberatung.at/richtig-lueften (Infoblatt „Richtig lüften“)
https://www.youtube.com/watch?v=NMNkFHM60Sc (Video „Wie entsteht Tauwasser?“)